Sauerbrutbekämpfungsstrategie
Vor einigen Jahren wurde, wohl unter dem Einfluss der allgemeinen Hysterie um die Vogel- und Schweinegrippe, die Sauerbrut, eine bislang rel. harmlose Brutkrankheit der Bienen, in der Bekämpfungsstrategie mit der gefährlicheren Faulbrut gleichgestellt. Kleinster Befall bedeutete damit die Abtötung des Volkes, oder Befall von mehr als der Hälfte des Bienenstandes die Ausmerzung aller, auch der gesunden Bienenvölker, je nach Auslegung des Bieneninspektors.
Für erfahrene Imker ist diese Strategie unverständlich, weiss man doch, dass ein kleiner Befall in der Regel sich selbst ausheilt. Bei stärkerem Befall können die entsprechenden Brutwaben entsorgt, oder das ganze Volk auf Neubau gesetzt werden. Dass ein Bienenvolk wegen Sauerbrutbefall abgestorben ist, konnte mir bis heute niemand bestätigen.
Mit der neuen, übrigens nur in der Schweiz praktizierten Strategie wurden nun und werden immer noch tausende, von schwach bis stärker befallenen, aber auch gesunden Bienenvölker, vernichtet. Der Erfolg dieser Strategie in all den Jahren ist leider gleich Null. Je mehr kontrolliert wird, desto mehr Bienenvölker müssen vernichtet werden, und in Regionen, wo nicht kontrolliert wird, gibt es scheinbar diese Krankheit nicht. Die Sauerbrutbakterien fände man wohl auf jedem Bienenstande mit Mobilbau, wenn labormässig untersucht würde. Auch ein leichter Ausbruch dieser Krankheit findet auf fast allen Bienenständen statt, nur wird es in den meisten Fällen nicht bemerkt; die Bienen räumen in kurzer Zeit auf und ein weiterer Ausbruch findet meistens nicht mehr statt.
Wenn nun der Bieneninspektor einen Stand untersucht, ist es geradezu ein Lottospiel, ob zurzeit Befall vorliegt oder nicht. Käme er eine Woche später, kann die Situation gegenteilig sein. Würde man an einem bestimmten Tag alle Bienenvölker der Schweiz kontrollieren, müsste man möglicherweise die Hälfte der Völker vernichten, die Sauerbrut wäre aber nicht ausgerottet. Es ist nicht möglich diese Krankheit einzudämmen, wie es auch nicht möglich ist bei Sanierungen vor Ort so hygienisch zu arbeiten, dass Verschleppungen der Bakterien ausgeschlossen werden können.
Diese Bekämpfungsstrategie wurde beschlossen, nicht weil die Sauerbrut eine wirklich schlimme Krankheit ist, sondern weil man glaubte einen Erreger auf diese Art und Weise eindämmen oder gar ausrotten zu können.
Es wäre sinnvoller sich über die Ursachen von Krankheiten allgemein mehr Gedanken zu machen. Eine Wildbiene und auch jedes andere wild lebende Tier hat kaum ernsthafte Probleme mit Krankheitserregern. Würden wir die Bienen wieder etwas artgerechter halten, auf die vielen Manipulationen am Bienenstock und auf einen Teil des Honigertrags verzichten, könnte man vielleicht mit der Zeit auch auf diese unsinnigen Bekämpfungsstrategien verzichten. Zur Eindämmung der Krankheit reicht es bereits aus, wenn keine mobilen Wabenrähmchen von Stock zu Stock oder gar von Bienenstand zu Bienenstand transportiert werden (z.B. über Ableger).
Ich denke, dass diese Sauerbrutbekämpfungsstrategie noch eine gewisse Zeit durchgetragen wird und dann langsam die Sinnlosigkeit eingesehen wird und eine Lockerung der Bestimmungen stattfindet, analog der Problematik der Blauzungenimpfung in der Viehhaltung.
Hans Studerus