Von André Wermelinger, Geschäftsführer FreeTheBees
Nachdem der Januar und der Februar im Zeichen der Retrospektive über das vergangene Jahr und der Planung der neuen Bienensaison standen, dient der März mir insbesondere der konkreten Vorbereitung der neuen Bienensaison.
Die Sonne hat im März wieder mehr Kraft, es gibt bereits die ersten angenehm warmen Tage. Die Lebensenergie in Pflanzen, Tieren und uns Menschen steigert sich von Woche zu Woche. Noch gibt es mitunter sehr kalte Nächte, teilweise weit unter der Nullgradgrenze, und regelmässige schöne Mengen Schnee. Aber bereits blühen auch die Weide, die Haselnuss, die Schneeglöckchen und die Krokusse. Sobald die Temperaturen über 10 Grad steigen, fliegen die Bienen wieder aus und sammeln eifrig Pollen für die Ernährung ihrer Brut.
Vorsicht, Futterreserven prüfen und wenn notwendig ergänzen
Da die Bienen nun bereits wieder brüten und die Brut durch die Bienen bekanntlich auf 35-36 Grad gehalten wird, kann man sich leicht vorstellen, wie energieaufwändig diese Saison für die Bienen ist. Selbst bei -10 Grad draussen wird die Brut auf 35 Grad Wärme gehalten, eine Differenz von mehr als 40 Grad. Die dafür notwendige Energie kommt vom eingelagerten Honig. Die durch die Bienen eingelagerten Honigreserven im letzten Jahr nehmen in den Monaten Oktober bis Januar nur zögerlich ab, können aber dann im März sehr stark und schnell schwinden. Manch ein Volk ist hier schon verhungert, kurz vor der Ziellinie für den Start in die neue Bienensaison. Hier gilt es, in erster Linie, die Futterreserven zu prüfen und bei Bedarf abzusichern. Erst ab ca. Mitte April können sich die Bienen wieder selbst aus der Natur versorgen.
Die Prüfung der Futterreserven erfolgt bei mir rein übers Anheben meiner Bienenkästen (jene, die ich anheben kann, natürlich nicht die 250kg schweren Klotzbeuten.. 😉), ich habe ein Gespür entwickelt, ob noch Honigvorrat im Kasten ist oder nicht. Wer es genauer haben möchte, hat vorgängig seinen Bienenkasten leer gewogen und kann jetzt mittels Ziehwaage den Honigvorrat ermitteln (siehe Einführungskurs, Seite 83).
Reicht der Honigvorrat nicht und ist das Volk gefährdet, hilft jetzt Futterteig. Als Produkt eignet sich optimal Castaflor vom Fachhandel, ein Honig-Zucker-Gemisch von optimaler Konsistenz, geprüft auf die Abwesenheit von Krankheitssporen. Gerne verweise ich zum Thema Fütterung auf meinen Online-Vortrag im Rahmen Bienen ohne Grenzen.
Vorbereitung des notwendigen Materials
Wer sich nicht mehr an meine Worte im Imkerkalender für Januar und Februar erinnert, sollte sich diese noch einmal vorknöpfen. Nachdem wir über den Winter unsere Ziele für die anstehende Bienensaison überlegt und möglichst schriftlich festgehalten haben, geht es jetzt an die Vorbereitung und Umsetzung. Als methodische Basis diente uns die FTB Imkermethodik.
Es überrascht mich immer wieder, wie häufig selbst die einfachsten Fehler vorkommen, auch hier. Nur weil mein Freund, Imkergötti oder Grossvater einen Schweizerkasten betreibt, heisst das noch lange nicht, dass ich ebenso einen Schweizerkasten zur Erfüllung meiner Ziele benötige. Vielmehr starte ich bei meinen gesetzten Zielen, die ich erreichen möchte. Daraus leiten sich entlang der FTB-Imkermethodik die notwendigen Imkermethoden ab. Und erst darauf basierend wird entschieden, welcher Bienenkasten oder welches Bienenhabitat für die Umsetzung meiner Ziele überhaupt optimal ist. Siehe hierzu ebenfalls den Einführungskurs ab Seite 32ff. Wie über die bisherigen Erklärungen erkennbar ist, gibt es «die eine richtige» Methode nicht mehr, und schon gar nicht die von den konventionellen Imkern proklamierte «gute imkerliche Praxis». Die Herausforderungen unserer Zeit bedürfen mindesten zwei, wenn nicht gar drei unterschiedlicher Methoden, die kombiniert werden müssen und nicht im selben Habitat stattfinden können.
Ist das alles geklärt, kann das Material eingekauft oder selbst hergestellt werden.
Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen
Eines der Hauptprobleme für Honigbienen ist, die sogenannten Trachtlücke. Ein Moment im Jahr, wo insbesondere wenig Nektar fliesst. Wie wir wissen, hängt der Bau- und der Bruttrieb der Bienen neben der Temperatur insbesondere vom eingehenden Nektarfluss ab. Gibt es nicht genügend Nektar in der Natur, stellt das Bienenvolk auf Notbetrieb, fährt den Bruttrieb herunter und baut nicht mehr. Dieser Entwicklungs-Knick lässt sich in einer Bienensaison durch das Volk nur noch schwerlich gutmachen.
Die konventionelle Bienenhaltung managt das Bienenvolk so, dass sie mit der Trachtlücke gut umgehen können. Normalerweise wird der Frühjahrshonig Mitte Mai geerntet und das Volk über die Trachtlücke mit Zucker gefüttert. Da der Schwarmtrieb durch den aufgesetzten Honigraum und teilweise durch erheblich härtere Eingriffe wie das Abdrücken von Weiselzellen negativ beeinflusst wird, entstehen überstarke Völker, die es so in der Natur gar nicht gäbe. Der Imker profitiert erneut widernatürlich von der Situation, in dem er just in diesem Moment seine Bienen künstlich vermehrt. Er hat also seinen Honigertrag eingebracht, füttert über die Trachtlücke und schröpft das überstarke Volk, in dem er Ableger macht.
In der Natur gibt es das alles nicht. Ein wildes Bienenvolk kann in der Baumhöhle mit fixem Volumen maximal gegen 10kg Honig über den Frühling, den Wonnemonat Mai, der meist schon Mitte April beginnt, einlagern. Aus der Fülle und dem Überfluss heraus schwärmt das Volk. Das Muttervolk verliert die Schwarmbienen und muss diese neu brüten. Der Schwarm bezieht ein neues Habitat und muss vollständig neu bauen. Die energiereichste Zeit im Jahr wird begleitet von der Trachtlücke und von der Nektararmut in der landwirtschaftlich dominierten Natur, die es so in einer artenreichen Natur nie geben würde.
Wie ebenfalls in unseren Kursunterlagen beschrieben (Einführungskurs Seite 23ff) überlebt zwar ein wildes Bienenvolk diese Trachtlücke, entwickelt sich aber in den meisten Regionen der Schweiz recht ungünstig und verhungert dann kläglich über den Winter, weil es entweder zu klein ist oder ihm die für den Winter notwendigen Futterreserven fehlen.
Man beachte: Während in einer Baumhöhle im landwirtschaftlich dominierten Schweizer Mittelland unsere wildlebenden Bienen oft verhungern, ernten die Baschkirischen Zeidler im Ural RU 20kg Honig aus der Zeidlerhöhle und die Bienen überwintern überdies auf dem eigenen Honig!
Das Fazit aus diesen Zeilen kann nur sein, zu Pflanzen, was das Zeug hält und Biodiversität in die Pflanzenwelt zu bringen. Und natürlich benötigt es nicht einen weiteren Löwenzahn, der im Wonnemonat eh blüht und auch nicht zwingend einen weiteren Apfelbaum. Wir müssen Pflanzen favorisieren, die früh in der Saison, über die Trachtlücke zwischen Mitte Mai und Mitte-/Ende Juni, wie auch über den ganzen Sommer und Herbst Nektar abgeben. Hierfür lassen sich Trachtpflanzenkalender konsultieren, anhand welcher man die zu favorisierenden Pflanzen auswählen kann.
Abbildung 1: Trachtlücke im Schweizer Mittelland (Kurve gelb), eine echte Herausforderung für wildlebende Honigbienenvölker.
Nein, ich öffne keine meiner Bienenkästen im März
Ich staune immer wieder über die bereits im Februar bei mir eingehenden Bilder von Imkern, die stolz ihre prall gefüllten Brutwaben zeigen, auch draussen, den noch immer recht tiefen Temperaturen ausgesetzt. Gerade Brutkrankheiten wie Faul- und Sauerbrut werden mit Kälte an der hochempfindlichen Bienenbrut in Zusammenhang gebracht und wir wissen, dass wir das Mikroklima beim Öffnen der Bienenkästen empfindlich stören und damit auch das Immunsystem der Bienen. In meinen Augen etwas, was man insbesondere im zeitigen Frühjahr, wo das Bienenvolk noch schwach ist, verhindern sollte.
Weshalb soll ich denn überhaupt öffnen? Fehlt die Königin, sehe ich das am Verhalten der Bienen auf dem Flugbrett oder am Flugloch. Über die Gemüllprobe erhalte ich sehr viele Informationen über das Innenleben. Bei kaltem und regnerischem Wetter sehe ich, was die Bienen putzen und schon mal bis zum Flugloch oder aufs Flugbrett bringen, bspw. auch kranke Bienenbrut. Brutkrankheiten kann ich über die Nase am Flugloch weitestgehend ausschliessen. Einer, der das sehr gut beschreibt, ist Heinrich Storch mit seinem Büchlein «Am Flugloch».
Völker stärkenmässig ausgleichen mache ich auch nicht, ich bin der Meinung, dass dieser Eingriff die Krankheits- und Parasitenübertragung begünstigen und meine Selektion übersteuern würde. Ist ein Volk aktuell schwach, heisst das noch lange nicht, dass es auch über die Saison schwach bleiben wird oder im nächsten Jahr. Schwäche ist eine zeitweilige Erscheinung, die sich schnell wieder ändern kann.
Vorbereiten auf die Schwarmzeit
Der März ist auch die Zeit, um sich optimal auf die Schwarmzeit vorzubereiten. Ein Neuimker benötigt Bienen, ein gestandener Imker möchte die abgehenden Schwärme auch dann nicht verlieren, wenn er am perfekten Schwarmtag im Mai im Büro sitzt und arbeiten muss.
Ich rate jeweils den Neuimkern zum Start, sich möglichst gut in der eigenen Region zu vernetzen und bei mehreren Imkern anzufragen, ob sie Bienen liefern können. In erster Priorität natürlich Schwärme, in zweiter aber auch Ableger, Hauptsache, man kann starten und Praxiserfahrung sammeln. Das Vernetzen benötigt Zeit, ist aber hilfreich. Der März eignet sich optimal, zumal auch viele Imker ihre Arbeiten am Bienenstand verrichten und regelmässig dort anzutreffen sind.
Eine viel einfachere Variante ist das Einbringen von altem Wachs in den neuen Bienenkasten. Bienen riechen bekanntlich sehr gut und sie suchen erwiesenermassen nach allen Habitaten, die nach Wachs und Propolis riechen, dort also, wo schon zuvor einmal ein Bienenvolk genistet haben muss. Das kann man sich zunutze machen, indem man eine alte Wabe oder Wabenstücke in die neue Behausung hängt und einfach abwartet, ob sich zwischen Mitte April und Mitte Juni spontan ein Schwarm einfindet. In meinem besten Frühling habe ich so 10 Schwärme anlocken können, 4 nacheinander am selben Tag.
Schwärme, die am eigenen Bienenstand abgehen, bleiben selten dort. Zumindest habe ich das in all den Imkerjahren nie selbst beobachten können. Es würde im Sinne einer Populationsdynamik auch wenig Sinn machen, ausziehende Schwärme wollen sich verbreiten und ziehen eben aus, nicht am selben Stand wieder ein. Aber auch das kann man sich zu Nutzen machen. Studien zeigen, dass ein Abstand von mindestens 50m zum eigenen Stand notwendig ist, besser etwas mehr, 75 oder 100m. Hängt man dort Habitate, Bienenkästen, Schwarmfangkästen, etc. hin, hat man gute Chancen, die eigenen Schwärme zu erwischen. Auf meinem Alp-Bienenstand beispielsweise, wo ich nur selten zum richtigen Zeitpunkt vor Ort bin, sind jeweils von 3 aufgestellten Baumhöhlen im Abstand zwischen 50 und 150m deren 2 nach der Schwarmsaison besiedelt.
Coming soon
Viel Spass beim Umsetzen, ich freue mich, weitere Einblicke in meine Arbeit im April geben zu können.
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Frühere Beiträge des Imkerkalenders finden Sie hier:
-
Januar – Februar: Retrospektive und Planung der neuen Bienensaison
-
März: Vorbereitung der neuen Bienensaison und Sicherstellen der Futterversorgung
-
August: Wie beeinflussen Standort und Bedingungen die Gesundheit der Bienenvölker im Hochsommer?
- Imkerkalender September: Herbstgedanken und Jahresrückblick eines naturnahen Imkers