Von Ante Hamersmit

Die weihnachtliche Auszeit hat gutgetan: Zeit für Familie, gute Freunde und die Romantik des Winters. Mit Plätzchen, Kerzengießen und Räuchermännchen habe ich die kalte Auszeit genossen. Doch nach anderthalb Wochen regte sich wieder ein inneres Rumoren. Für lange Pausen bin ich wohl einfach nicht gemacht. Also begann ich zu planen. Ich plane gerne, berechne Ziele, setze Fristen – als ob die Bienen sich nach meinem Zeitplan richten würden. Sie lehren mich allzu oft Demut: meine Pläne treten sie mit Füßen und am Ende lande ich an einem ganz anderen Ziel.
Auch bei der Winterdurchsicht war es nicht anders. Eigentlich war ich bestens vorbereitet, um meine Damen einer Winterbehandlung zu unterziehen. Doch dann kam alles anders:
Am Flugloch meiner Einraumbeute klaffte ein gewaltiges Loch.
Ein Loch, das eigentlich so klein hätte sein sollen, dass die Bienen hindurchfliegen, Mäuse jedoch nicht eintreten können. Stattdessen war es brachial geöffnet worden – nicht angetrieben durch vandalistische Energie, sondern durch Hunger. Ein Specht hatte sich wohl ein Mahl erhofft und ist gewaltsam in die Beute eingedrungen. In der Beute hatte ich ein Massaker erwartet, doch das Bild passte nicht: Das Volk war tot, aber nicht verwüstet – nur verschwunden. Die Honigvorräte waren unberührt, die Waben intakt. Es wirkte, als hätte ein Putzkommando aufgeräumt.
Das hatte ich nicht kommen sehen. Statt einer Winterbehandlung stand nun erstmal das Analysieren und Ausputzen der Beute an – meiner Beute mit meinem einst stärksten Volk. Doch was war geschehen? Hat ein Specht jede Biene in der Beute verspeist? Die Indizien sprachen gegen ihn: die Spuren führten nicht zum Sitz der Wintertraube. Ich habe das Geschehen in den sozialen Medien geteilt, und die Community kam zu ähnlichen Schlüssen wie ich: vermutlich hat die Varroa-Milbe zum Zusammenbruch geführt, und der Specht hat sich später am reich gedeckten Bienenbuffet bedient.

Andere wenige vermuten einen Futterabriss, – und je mehr ich darüber nachdenke, desto plausibler erscheint mir diese Erklärung, denn das letzte überlebende Häufchen Bienen hatte sich in Zellen zum Sterben zurückgezogen auf einer Wabe, die keinen Honig mehr hatte – ein typisches Bild für Verhungern. Vielleicht habt ihr auch eine Theorie? Hier ist der Link zum Video, in dem ich die Situation dokumentiert habe.
Behandlung
Es gab bei der Winterdurchsicht auch erfreuliche Nachrichten: den restlichen Völkern ging es gut. Ich hatte mich nicht getraut, die Königin über den Winter zu käfigen oder auf eine Winterbehandlung zu verzichten. (Obwohl ich bei einem Volk ziemlich zuversichtlich bin, dass es auch ohne Behandlung durchkommen würde.)
Bei der Winterbehandlung scheiden sich die Geister: die einen träufeln, ich jedoch dampfe lieber von unten. Das Öffnen der Beute, insbesondere im Winter, erachte ich als großen Eingriff in das Volk. Und wer die Thun’schen Philosophie kennt, weiß, dass das Öffnen der Beute mehr als nur einen thermischen Einfluss hat. Es ist sogar wissenschaftlich messbar, dass das Öffnen der Beute Brutprozesse in Gang setzen kann, die man zu diesem Zeitpunkt nicht haben möchte.
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Wie dem auch sei, da war ich nun und habe Oxalsäure in das Volk gelassen, in der Hoffnung, ich tue den Bienen was Gutes. „Schwer vorstellbar, dass diese Methode sanft sein soll“ denke ich mir, während ich mit meiner FFP3 Maske und Schutzbrille darauf achte, woher der Wind weht, damit ich ja keine Dämpfe abbekomme. Ich rede mir ein: „es ist richtig, wie ich es mache.“ Und dennoch frage ich mich, ob das der Weg ist – ob das mein Weg sein soll. Bislang waren meine behandlungsfreien Ansätze nicht von Erfolg gezeichnet. Zu viele Rückschläge rauben einem allmählich den Mut. Kurze Zeit später ist es vollbracht: die Bienen vernebelt, meine Lungen noch heil, die Milbe hoffentlich entfernt.
Nach drei Tagen stelle ich fest, dass seit der Behandlung so viele tote Bienen auf dem Boden lagen, wie sich in den letzten Monaten seit dem Spätsommer angesammelt haben. Von wegen sanft. Es muss andere Möglichkeiten geben.

Pläne
Zu Hause verwerfe ich wieder meine zuvor geschmiedeten Pläne für das Jahr und fange erneut auf der grünen Wiese an. Es ist eine Weile her, seit ich bei Jennifer Rident in Frankreich meinen Weißenseifener Hängekorb geflochten habe. In dieser Zeit konnten wir uns viel über Bienen, das Leben und den Tod unterhalten. Sie hat mir erzählt, dass die Bienen einen spüren lassen, wenn sie Hilfe brauchen und behandelt werden wollen. Einfach alle nicht zu behandeln, ist wohl auch nicht der richtige Weg. Vielleicht ist genau das mein Schlüssel: mehr Gefühl und weniger Protokoll. Ich muss mehr beobachten und lernen, sicherlich auch messen, um das Verhalten bewerten zu können – aber eben auch fühlen. Ich muss mir die Welt der Bienen erarbeiten um achtsamer handeln zu können. Für die nächste Saison plane ich mir zwei zusätzliche Warré Beuten anzuschaffen, von denen ich mir Einblicke erhoffe und an denen ich biodynamische Methoden testen kann. Ich freue mich auf die kommende Bienensaison und bin gespannt, wie weit mich die Bienen von meinen Plänen dieses Jahr abbringen werden.
Liebe Grüße,
Ante
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Januar – Februar: Retrospektive und Planung der neuen Bienensaison
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