…Alleinstehende können völlig frei entscheiden, wer ihr Vermögen nach ihrem Tod erhalten soll…
Der Tagesanzeiger schreibt im September 2019, dass nach einer Umfrage im Juli 2019 eine überwiegende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ein Testament zwar «sehr wichtig» oder «ziemlich wichtig» findet; dass aber nur 27 Prozent der Schweizer und Schweizerinnen ihr Testament dann tatsächlich auch verfassen.
Corona macht uns einmal mehr bewusst, wie schnell im Leben plötzlich alles anders sein kann. Deshalb lohnt es sich, rechtzeitig vorzusorgen und jene Dinge zu klären, die für einem selber wichtig sind. Viele Anliegen sollten schriftlich geregelt werden, damit sie ihre Wirksamkeit entfalten. Dafür braucht es vielleicht ein Testament, eine Patientenverfügung und/oder einen Vorsorgeauftrag.
Wir möchten uns in diesem Blogbeitrag etwas näher mit der Testamentserstellung für Alleinstehende befassen.
«Insbesondere fällt das Vermögen von Alleinstehenden oft Erben zu, die der Verstorbene nicht begünstigt hätte…», so Beat Schellenberg von der Nachlasstreuhand.ch Eine Erbschaftsplanung wäre deshalb frühzeitig ratsam.
Thomas Fabian, Leiter Philanthropie bei FREETHEBEES, konnte Beat Schellenberg zu diesem interdisziplinär komplexen Sachverhalt der «Erbfolge bei Alleinstehenden» als Interviewpartner gewinnen.
TF: Nach dem Bundesamt für Statistik BFS gab es in der Schweiz Ende 2019 rund 3.8Mio Privathaushalte. In gut einem Drittel dieser Haushalte lebte nur eine Person, das entsprach 16% der ständigen Wohnbevölkerung die in einem Einpersonenhaushalt lebten. Diese an sich niedrige Quote erhält jedoch im Rahmen der Erbschaftsplanung eine erhebliche höhere Bedeutung. Beat, wie sieht die Erbfolge bei Alleinstehenden in der Schweiz aus?
BS: Hinterlässt jemand nach seinem Tod weder einen Ehepartner noch Nachkommen, kommen gemäss den Regeln der gesetzlichen Erbfolge die Eltern zum Zug. Sind die Eltern bereits gestorben, treten an ihre Stelle die eigenen Brüder und Schwestern, dann die Nichten und Neffen.
Sind keine Erben des sogenannten elterlichen Stammes vorhanden, fällt der Nachlass an den Stamm der Grosseltern. Dazu gehören neben den Grosseltern der Onkel oder die Tante, die Cousinen oder Cousins usw.
Sind auch keine solchen Erben vorhanden, erbt der Staat. Der Nachlass wird in so einem Fall meistens zwischen der Wohngemeinde des Erblassers und dem Kanton aufgeteilt.
Wenn Alleinstehende nicht regeln, was nach dem Tod mit ihrem Vermögen geschehen soll, profitieren dereinst also unter Umständen Personen, zu denen sie keine oder nur lose Beziehungen hatten. Die gesetzliche Erbfolge lässt sich mit einer letztwilligen Verfügung ändern.
In einem Testament kann der Erblasser seine Erben bestimmen. Alleinstehende, die weder Nachkommen noch Eltern hinterlassen, müssen keine Pflichtteilsrechte beachten. Ab dem 1. Januar 2023 (revidiertes Erbrecht) entfällt dann auch der erbrechtliche Pflichtteil der Eltern, falls diese noch vorhanden sind. So können Alleinstehende völlig frei entscheiden, wer ihr Vermögen nach ihrem Tod erhalten soll.
TF: Woran müssen Alleinstehende denken, um ihr Erbe möglichst gut zu organisieren? Gibt es hier eine Richtschnur? Wo liegen die Herausforderungen?
BS: Die folgenden vier Punkte sind besonders wichtig für Alleinstehende, die ihr Erbe proaktiv und frühzeitig regeln möchten:
Vorsorgeguthaben zuweisen
Das Pensionskassen- und Freizügigkeitsguthaben sowie Guthaben aus der Säule 3a fallen nicht in das Nachlassvermögen. Die Versicherungsbedingungen bzw. Stiftungsreglemente regeln, wer diese Guthaben im Todesfall bekommt und welchen Einfluss der Versicherte auf die Reihenfolge der Begünstigten nehmen kann.
Geld für einen guten Zweck
Besonders viele Menschen ohne nahe Verwandte wünschen sich, dass ihr Vermögen einem guten Zweck zugute kommt. Dieses Ziel kann man mit einer letztwilligen Verfügung erreichen. Zu diesem Zweck können sie zum Beispiel eine eigene gemeinnützige Stiftung gründen. Wir von der Nachlasstreuhand.ch kennen viele derartige Fälle, wonach sich Alleinstehende sehr für die Gemeinnützigkeit auch nach ihrem Ableben kraft letztwilliger Verfügung einsetzen wollen.
Testament überprüfen lassen
Viele Testamente sind zu wenig klar formuliert. Die Formulierung «Mein Nachlass soll an karitative Institutionen gehen» zum Beispiel lässt viele Fragen offen:
- Welche Organisationen wollte der Erblasser berücksichtigen?
- Wie viel will er jeder Institution zuteilen?
- Handelt es sich um eine Erbeinsetzung oder um ein Vermächtnis? Ein Vermächtnisnehmer hat andere Rechte als ein Erbe. Im schlimmsten Fall ist das Testament ungültig, wenn es unklar formuliert ist. Lassen Sie Ihr Testament deshalb von einer Fachperson überprüfen oder bestenfalls erstellen
Willensvollstreckung prüfen
Nicht selten weckt die Aussicht auf eine Erbschaft finanzielle Begehrlichkeiten bei einzelnen potenziellen Erben. Es kann deshalb ratsam sein, einen fachkundigen und neutralen Willensvollstrecker einzusetzen, der das Testament durchsetzt, bei Streit unter den Erben vermittelt und für eine rasche und kostengünstige Erbteilung sorgt.
…Vielen Dank Beat für Deine Zeit! Gerne kommen wir in einem Folgeblog auf dieses
wichtige, aber für die grosse Mehrheit jedoch «unschöne» Thema auf Dich zurück.
FREETHEBEES führt in Zusammenarbeit mit DeinAdieu und dem Schweizer Notarenverband im Oktober drei kostenlose Webinare durch
Unser Referent, Dr. iur. Marc’Antonio Iten, wird Ihnen erklären, worauf es beim Verfassen eines Testaments ankommt. Wir zeigen Ihnen auch, wie Sie Ihr Testament auf einfache Art und Weise erstellen und – falls Sie dies wünschen – unsere Organisation oder ein anderes Hilfswerk nach Wahl berücksichtigen können.
Programm
- Präsentation Dr. iur. Marc’Antonio Iten 25 Minuten
- Beantwortung von Fragen per Live Chat parallel
- Moderierte Diskussion 5 Minuten
- Instruktion kostenloser Testamentservice 5 Minuten
- Individuelle Erstellung Testamentvorlage über online Testamentservice
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung. Bitte wählen Sie einen von zwei möglichen Wunschterminen und registrieren sich direkt über die folgenden Links:
- Dienstag, 5. Oktober 2021, 10:00 – 12:00: https://www.deinadieu.ch/Event3
- Donnerstag, 28. Oktober 2021, 15:00 – 17:00: https://www.deinadieu.ch/Event4
Amnesty International Schweiz, Biovision, Flüchtlingshilfe Schweiz, Fragile Suisse, FREETHEBEES, Rheumaliga Schweiz und Pro Infirmis führen diesen Anlass gemeinsam durch. Das Webinar richtet sich vorwiegend an Altergruppen ab 50 Jahren, dürfte aber auch für Jüngere interessant sein. Die Veranstaltung wird organisiert durch DeinAdieu.ch und ist kostenlos.
Gratis Testamentberatung mit dem Schweizer Notarenverband, 25. Oktober 2021
Desweiteren bietet FREETHEBEES mit dem Schweizer Notarenverband eine kostenlose Testamentberatung an.
Den Freunden von FREETHEBEES möchten wir die Möglichkeit geben, sich unentgeltlich während bis zu 30 Minuten beraten zu lassen, und zwar von einer unabhängigen Notarin oder einem Notar. Zusammen mit dem Schweizer Notarenverband bieten wir Ihnen deshalb die Möglichkeit, am Montag, 25. Oktober 2021, von 8.00 bis 17.30 Uhr via die Nummer 031 326 51 90 einen Termin für eine kostenlose Beratung zu vereinbaren. Die eigentlichen Beratungsgespräche finden dann zwischen dem 26. und 29. Oktober statt. Sie können dabei wählen, ob Sie das Gespräch lieber per Telefon oder via Zoom führen möchten. Nutzen Sie diese Chance und sorgen Sie vor.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/nur-ein-viertel-hat-sein-testament-gemacht/story/16618667