Sein Buch «Honigbienen – geheimnisvolle Waldbewohner» veröffentlichte Ingo Arndt 2020 zusammen mit dem renommierten Bienenforscher Prof. Dr. Jürgen Tautz. Es zeigt viele unbekannte Verhaltensweisen in einzigartigen Bildern welche dazu anregen, die Bienenhaltung unter einem neuen Blickwinkel zu betrachten.
Ingo Arndt wurde in Frankfurt am Main, Deutschland, geboren. Von frühester Kindheit an verbrachte er jede einzelne Minute seiner Freizeit draussen in der Natur. Bald erkannte er, dass die Fotografie ein nützliches Werkzeug im Umweltschutz ist, und so stürzte sich Ingo nach seinem Schulabschluss 1992 in das abenteuerliche Leben eines professionellen Fotografen. Seitdem reist er als freiberuflicher Wildlife-Fotograf für längere Zeit um den Globus und fotografiert Reportagen, in denen er Tiere und ihre Lebensräume porträtiert. In den letzten Jahren war er hauptsächlich im Auftrag von GEO und dem National Geographic Magazine unterwegs. Auch wir von FREETHEBEES dürfen zahlreiche seiner Bilder für unser Bulletin und Social Media nutzen.
FTB: Wie sind Sie – nachdem Sie Auge in Auge Pumas, Bären, Nashörner und Alligatoren fotografiert haben – auf die Idee gekommen wildlebende Honigbienen zu fotografieren?
Die letzte grosse Fotoreportage, die ich vor den Honigbienen fotografierte, war eine Geschichte über Pumas. Dafür verbrachte ich insgesamt sieben Monate im Torres del Paine Gebiet in Patagonien und fotografierte diese wunderschönen Raubkatzen in der atemberaubenden Landschaft. Es war klar, dass ich danach etwas völlig anderes machen musste, denn die Pumas waren einfach nicht zu übertreffen. So kam ich auf die Honigbienen. Ein kleines Insekt und keine Raubkatze. Als Schauplatz diente kein riesiges Wildnisgebiet, sondern der eigene Garten und die Reste schöner Natur in Deutschland. Zunächst wollte ich «nur» das Alltagsleben der Honigbienen in allen Facetten fotografieren. Doch dann bekam ich über Prof. Jürgen Tautz einen Kontakt zu Benjamin Rutschmann und Patrick Kohl, die an wildlebenden Bienenvölkern im Wald, der ursprünglichen Heimat der Honigbienen, forschten. Ich war sofort Feuer und Flamme und richtete von nun an mein Hauptaugenmerk bei diesem Fotoprojekt auf die wildlebenden Honigbienen.
FTB: Für das Buch «Honigbienen – geheimnisvolle Waldbewohner» haben sie ihren heimischen Garten in ein Fotostudio umgebaut. Wie kam es dazu und wie verlief die Arbeit in Ihrem Garten, obwohl Sie ja ein Wildnis-Fan sind?
Schon kurz nachdem ich auf die wilden Bienenvölker aufmerksam wurde, hing ich an einem Kletterseil, 20 Meter hoch an einer Buche, vor einer von Bienen bewohnten Schwarzspechthöhle. So gelangen mir die ersten eindrückliche Bilder, doch das Interessanteste spielte sich im Inneren der Höhle ab und war für mich unerreichbar. Natürlich konnte ich nicht in 20 Metern Höhe die Baumhöhle von hinten aufsägen um Bilder
vom Inneren zu bekommen. Die Störung für die Bienen wäre viel zu gross gewesen. Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. So machte ich mich mit Genehmigung der zuständigen Forstbehörden auf die Suche nach einem Baumstamm mit einer Schwarzspechthöhle. Nach viel Sucherei fanden wir im Steigerwald tatsächlich einen umgefallenen Baum mit einer noch intakten Spechthöhle. Mit schwerem Gerät wurde die Höhle geborgen und auf ein transportables Mass gesägt. Den Baumstamm stellte ich in unserem Garten auf und siedelte darin ein Volk Honigbienen an. Von hinten brachte ich eine Öffnung an die Schwarzspechthöhle an, die direkt in eine kleine Beobachtungshütte überging. Dort verbrauchte ich unzählige Stunden um den natürlichen Nestbau und die verschiedensten Verhaltensweisen der Honigbienen zu fotografieren. Aber auch ausserhalb der Höhle bastelte ich in den folgenden zwei Jahren jede Menge Aufbauten um Bilder der Bienen zu fotografieren.
FTB: Welche besonderen Erkenntnisse hatten Sie in dieser Zeit über die Honigbienen? Wie hat sich Ihre Perspektive verändert?
Da ich mich auf Anraten von Professor Tautz, mit dem ich bei diesem Projekt eng zusammenarbeitete, vorab nicht viel über Bienen-Verhalten informiert hatte, war ich völlig unvoreingenommen. Ich beobachtete und fotografierte die Honigbienen in ihrem «wilden» Nest so wie sie sich mir präsentierten. Es gab eine ganze Reihe von bisher ungeklärten Verhaltensweisen, die ich fotografieren konnte und die im Kontext mit dem wild gebauten Nest plötzlich einen Sinn ergaben.
Das «Hobeln» stellte sich als extrem wichtig heraus um die Höhle zu «putzen» und für das Auskleiden mit dem antibakteriell wirkenden Propolis vorzubereiten. Oder die so genannten
«Bauketten» waren eigentlich immer zu beob- achten. Sie umhüllten das Nest, mal enger, mal weitmaschiger. Ein wichtiger Faktor um die Nest- temperatur zu steuern. Ich konnte sogar fotografieren, wie die Bienen aneinanderhängend eine Art Zwischenboden in die Höhle einzogen, mit dem sie deren Volumen stark reduzierten und somit die Temperatur viel besser steuern konnten, bzw. weitaus weniger Volumen aufheizen oder kühlen mussten. Über die zwei Jahre verteilt konnte ich noch viele weitere hochinteressante Beobachtungen machen. Nachzulesen und in Bildern festgehalten, in unserem Buch «HONIG- BIENEN – geheimnisvolle Waldbewohner».
FTB: Welche Tiere planen Sie in Zukunft zu fo- tografieren? Werden Sie Ihre Bienenstöcke in Ihrem Garten behalten und die Bienen weiter porträtieren?
Wir sind inzwischen auf’s Land gezogen und haben die Bienen und die Schwarzspechthöhle mit- genommen. Hier draussen geht es den Tieren sehr gut. Und natürlich werde ich, neben vielen anderen Themen, auch die Honigbienen weiter fotografieren. Für dieses und nächstes Jahr mache ich sogar einen kleinen Ausflug ins Filmgeschäft. ZDF und Netflix haben bei mir angefragt und möchten gerne verschiedene Verhaltensweisen der Bienen von mir gefilmt haben. Eine spannende Aufgabe.
FTB: Was macht für Sie ein gelungenes BienenFoto aus?
Am liebsten sind mir Bilder von Honigbienen, die unerwartete Verhaltensweisen zeigen. Dinge, die man nicht sofort auf dem Schirm hat, wenn man an Honigbienen denkt. Davon gibt es sehr viel zu beobachten bei diesen faszinierenden Tieren, sie sind immer für eine Überraschung gut.