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20min: Aggressive Bienen – weil es zu viele Imker gibt

20min: Aggressive Bienen – weil es zu viele Imker gibt

Laut dem Bieneninspektor Hanspeter Schwaiger gibt es zu viele Bienen in der Stadt, wie das 20min ihn zitiert. Schulen und Altersheime beklagten sich über Bienenschwärme. Wegen der Überpopulation würden Bienen aggressiver und schneller zustechen. Jean-Daniel Charrière, der Leiter des Zentrums für Bienenforschung argumentiert schon etwas differenzierter und zeigt die Vor- und Nachteile der Bienenhaltung in der Stadt. Aber darauf sagt Charrière, dass Hobby-Imker kompetent sein müssten. Ein “guter” Imker erkenne beispielsweise, wenn ein Bienenvolk schwärmen will, und kann entweder das Schwärmen verhindern oder frühzeitig einen Kunstschwarm aus dem Volk nehmen. Richard Wyss, Zentralpräsident des Vereins der Deutschschweizer und Rätoromanischen Bienenfreunde (VDRB) fordert darüber hinaus sogar einen Fahigkeitsausweis für Imker.

Artikel 20 Minuten

Nun, die Lage ist bei eingehender Analyse der Situation einfach: Die Honigbiene wurde aus der Natur weitestgehend vertrieben und ist kurz vor dem Aussterben. Der Imker beherrscht mit der Imkerei die ganze Bienenpopulation in der Schweiz und hat die natürliche Evolution (und damit die natürliche Anpassungsfähigkeit der Honigbiene an Umweltveränderungen..) komplett ausgeschaltet. Zur Maximierung des Honigertrages, verzögert und verhindert er den Schwarmtrieb und muss aus Mangel an Schwärmen seine Völker künstlich über Ableger oder Kunstschwärme vermehren (das gilt auch für die meisten Schweizer Hobbyimker). Die Wissenschaft berichtet ausführlich über bereits bekannte Langzeitschäden und absehbare weitere Nebenerscheinungen der konventionellen Imkerei. In der Folge müssen Symptome wie z.B. die vielzitierte Varroamilbe unter Einsatz aggressiver Behandlungsmittel bekämpft werden, was wiederum unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringt, etc., etc.

Und genau diese “gute imkerliche Praxis” soll nun über einen Fähigkeitsausweis aufdoktriniert werden? Wer die Hintergründe kennt, weiss über die Eigeninteressen der Vertreter solch abstruser Ideen Bescheid.

Und die naturnahe Bienenhaltung oder sogar die wild lebenden Bienenvölker sollen aus der Stadt vertrieben werden? Früher hatten die meisten Familien zwei/drei Bienenstöcke direkt vor ihrem Haus. Heute gibt es Privatpersonen, welche unsere Nistkästen für Honigbienen auf dem Balkon, ca. 5m neben ihrem Liegestuhl aufstellen (wohlbemerkt keine Imker, sondern Bienenfreunde ohne Erfahrung und ohne Resistenz gegenüber Bienenstichen). Eine Biene ist bei weitem nicht so aggressiv, wie eine Wespe. Um den Stock herum sticht sie nur, wenn man sich hastig bewegt oder an den Stock klopft. Unterwegs beim Nektarsammeln sticht sie nur, wenn sie direkt und stark bedrängt wird. Und in Schwärme kann man in der Regel ungeschützt mittenhinein stehen oder in die Schwarmtraube seine Hand hineinhalten und die Wärme des Volkes spüren, ohne gestochen zu werden. Ein Schwarm hat überhaupt nichts zu verteidigen – keine Brut, keine Nahrungsreserven, kein Zuhause, also muss er auch nicht stechen. Man kann sogar getrost in der Nähe eines Bienenkastens ein Glacé essen und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eher von einer Wespe mit viel weiter entferntem Brutnest belästigt.

Kinder müssen lernen, was ein Bienenvolk und was ein Schwarm ist. Sie müssen verstehen, dass ein Bienenstich zur Natur gehört und nur vorübergehend schmerzt und danach wieder abklingt. Das gibt die richtige Beziehung zur Natur und lernt den Respekt vor ihr. Glücklicherweise ist die Anzahl allergischer Reaktionen auf Bienenstiche insbesondere bei Kindern sehr gering (0,4 bis 0,8 % der Kinder und etwa 3 % der Erwachsenen). Und gerade in Städten sind wir medizinisch so gut versorgt, dass wohl kaum jemals ein Kind wegen Honigbienen ernsthafte gesundheitliche Probleme hatte. Wenn wir den Ausnahmefall mit hundertprozentiger Sicherheit verbieten wollen, müssen wir die Natur verbieten und abschaffen.

Was wir wirklich brauchen, sind “ungelernte” Hobbyimker (solche, welche der monopolistischen und zentralisierten Lehrmeinung widerstehen können) und passive Nisthilfen für Honigbienen. Das ergibt umgehend einen Gegenpol zu den monokulturartigen Fehlern der Honigimkerei. Und die Stadt bietet sich dafür optimal an, weil die Pflanzendiversität grösser ist als auf dem Land. Voilà, das ist die Lage, wie sie wirklich ist. Keine Zementierung der aktuellen hochintensiven Nutztierhaltung zur Honiggewinnung, sondern mehr Natur, mehr Freiheit und damit mehr Diversität!

Dass es zu viele Honigbienen gibt, scheint übrigens recht offensichtlich, wenn es darüber auch wenig brauchbare wissenschaftliche Zahlen gibt. Dieses Thema ist dringend anzugehen, hat aber überhaupt nichts mit der Aggresivität der Bienen und/oder unausgebildeten Imkern in der Stadt zu tun. Vielmehr braucht es hier zunächst vernünftige Zahlen in Form einer Arbeitshypothese (welche später wissenschaftlich bestätigt oder korrigiert werden können) und dazugehörend gut überdachte Anreizsysteme, worüber sich die Bienendichte steuern lässt. Unter wild lebenden Bienenvölkern stellt sich von alleine eine optimale Bienendichte ein, darüber brauchen wir uns keine weiteren Sorgen zu machen.

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