Deutsch: Tabuthema «Bienendicht»
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Leserbrief von André Wermelinger aufs Editorial von Dr. R. Sieber in der SBZ 09/2013
Über die Höhe der Schweizerischen Bienendichte (Westliche Honigbiene) reden Imker nur, wenn sie dazu gezwungen werden. Ebenso wenig debattiert man über Konkurrenzverhalten zwischen Honigbienen und anderen Insekten. Der Imker gibt sich öffentlich gerne als Erhalter der für uns lebenswichtigen Bestäubungsleistung und als Naturfreund, ist sich dann aber doch selbst am nächsten, wenn es um die Honigernte geht.
Insofern ist es mutig und verdankenswert, dass Herr Dr. Sieber, Leitender Redaktor der Schweizerischen Bienenzeitung und Mitglied des Delegiertenrates von Apisuisse, das Thema in seinem Editorial in der SBZ 09/2013 aufnimmt und in der Fachpresse anspricht. Nur, was Sieber selbst und darüber hinaus die Schweizerischen Bienenbehörden bezüglich Bienendichte denken, bleibt unbeantwortet: Er fliegt das heisse Thema an, zieht ein paar nette Schleifen darüber, schiebt etwas leere Luft herum und macht einen Abgang.
Je höher die durch den Imker künstlich hochgehaltene Bienendichte, umso grösser ist das Risiko von Krankheitsübertragungen. Auch das Zentrum für Bienenforschung kennt diesen Zusammenhang, scheint sich aber lieber mit der Symptombekämpfung auseinanderzusetzen als den Stier bei den Hörnern zu packen. Ebenso zeigt die Wissenschat auf, dass Wildbienen, Hummeln und andere Insekten durch die Honigbiene negativ beeinflusst werden können. Wildbienenvertreter reden hier teilweise etwas vorschnell von Verdrängungsmechanismen, obwohl dies wissenschaftlich noch wenig erforscht ist.
Bei der Bestäubungsleistung ist nach landwirtschaftlicher Pflanzen und wilder Flora zu unterscheiden. Die Honigbiene scheint wenig zur Bestäubung von Wildblumen und damit wenig zur Erhaltung der pflanzlichen Artenvielfalt beitragen zu können. Der landwirtschaftliche Ertrag wird insbesondere dann maximiert, wenn neben der Honigbiene auch Wildbienen und andere Insekten an der Bestäubung beteiligt sind. Eine Hummel scheint z.B. einen Obstbaum wesentlich effizienter bestäuben zu können, als eine Honigbiene.
Warum redet man in der landwirtschaftlichen Bestäubung trotzdem fast ausschliesslich von der Honigbiene? Bienenvölker sind extrem gut und einfach manipulier- und skalierbar. Man kann praktisch beliebig viele Bienen an beliebige Orte zur Bestäubung bringen und hat noch den netten Nebeneffekt des Honigertrages. Wildbienen sind hier schon wesentlich anspruchsvoller: Sie lassen sich nur teilweise züchten, sind gezüchtet nur in geringen Mengen verfügbar und sind in der freien Natur insbesondere auf eine Vielzahl unterschiedlicher Bodenstrukturen angewiesen. Oft unansehnliche, vegetationsarme und freie Bodenstellen, welche gerade in Landwirtschaftszonen, aber auch in unseren privaten Gärten, äusserst rar geworden sind.
Wir müssen also in erster Linie die Zusammenhänge noch etwas genauer verstehen und die Forschung intensivieren. Parallel dazu gilt es, erste Annahmen bezüglich optimaler Honigbienendichte zu treffen. Mittels Monitoring muss diese gemessen und überwacht werden. Mittels strategischer Pläne und taktischer Umsetzungsmassnahmen sind Anreizsysteme zu schaffen, welche die Bienendichte von selbst auf optimalem Niveau halten. Zudem muss zwischen Produktivvölkern und wild lebenden Bienenvölkern unterschieden werden. Bei den wild lebenden Bienenvölkern regelt die Natur die optimale Dichte über die natürliche Auslese.
Hätte nicht gerade die Schweizerische Bienenzeitung als führendes Imker-Publikationsorgan eine Hauptverantwortung, der Frage nachzugehen, bestehende Fakten zusammenzutragen, scharf zu analysieren und entsprechende Massnahmen daraus abzuleiten und umzusetzen? Wer sonst, wenn nicht die führenden Vertreter unserer Bienenbehörden sollte dies denn tun?